Psychotherapeutische Praxengemeinschaft Haan
Praxis für Psychotherapie und psychologische Beratung
Psychotherapeutische Praxengemeinschaft
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Selbstmitgefühl entwickeln
Seien Sie freundlicher zu sich selbst. Die Forschung zeigt, dass es Sie gesünder machen könnte.
Übersetzung eines Zeitungsartikels von Carrie Dennett, der im März 2018 in der Washington Post erschien
Wenn Sie darüber nachdenken, Ihren inneren Feldwebel herauf zu beschwören, um mehr Gemüse zu essen und ins Fitness-Center zu gehen, überdenken Sie das Ganze noch einmal. Forschungsergebnisse zeigen, dass eine gesunde Dosis von Selbstmitgefühl uns dabei helfen kann, positive Gewohnheiten zu entwickeln, die die Gesundheit fördern.
In den letzten 10 Jahren haben zahlreiche Studien nachgewiesen, dass Selbstmitgefühl entscheidend für mentale und emotionale Gesundheit und Wohlbefinden ist. Neuere Forschungsergebnisse zeigen, dass Selbstmitgefühl auch für die physische Gesundheit eine Rolle spielt.
Was ist Selbstmitgefühl?
Laut Kirstin Neff, Forscherin im Bereich des Selbstmitgefühls und Autorin des Buchs “Self-Compassion: The Proven Power of Being Kind to Yourself,” gibt es drei Elemente des Selbstmitgefühls:
1. Achtsamkeit, was bedeutet sich seiner negativen Gedanken, Gefühle und Erfahrungen gewahr zu sein ohne sie zu bewerten oder ihnen nachzuhängen
2. Gemeinsame Menschlichkeit, oder die Erkenntnis, dass wir alle unperfekt sind und wir alle leiden.
3. Selbst-Freundlichkeit, was bedeutet, Fürsorge und Verständnis für sich selbst zu zeigen, wenn man diese allzu menschlichen Unvollkommenheiten erlebt.
Das Gegenteil von Selbstmitgefühl ist emotionale Reaktivität, Isolation, Selbstverurteilung und ungesunder Perfektionismus, die allesamt mit Depressionen, Stress und einer Verringerung der Lebensqualität assoziiert sind.
Die Verbindung zu Stress
Eine 2017 veröffentlichte Studie, publiziert in Health Psychology Open, hat herausgefunden, dass Menschen die ein höheres Ausmaß an Selbstmitgefühl aufweisen, Stress besser zu handhaben scheinen - sie zeigen eine weniger ausgeprägte körperliche Stressreaktion, wenn sie im Stau feststecken, einen Streit mit ihrem Partner haben oder eine Stelle nicht bekommen – und sie verbringen weniger Zeit damit, die Erinnerungen an stressreiche Ereignisse wieder zu aktivieren und ihnen nachzuhängen. Dies ist von Bedeutung, da chronischer Stress nicht nur die Gesundheit direkt schädigen kann - die körperliche Reaktion auf Stress beinhaltet unter anderem Blutdruck- und Blutzuckeranstiege, begleitet von einer Unterdrückung des Immunsystems -, sondern darüber hinaus ist die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass ungesunde kurzfristige Bewältigungsstrategien wie Rauchen oder die Unterdrückung von Gefühle durch Essen oder Alkohol genutzt werden, wenn man stark auf Stress reagiert.
Die Studie fand auch heraus, dass Menschen mit Selbstmitgefühl mit höherer Wahrscheinlichkeit gesundheitsförderndes Verhalten übernehmen und beibehalten, auch wenn es sich kurzfristig nicht auszuzahlen scheint. Dies könnte im Kontext von gesundheitsbedingten Rückschlägen, wie zum Beispiel Verletzungen, Erkrankungen oder enttäuschenden Laborresultaten wichtig sein, da Selbstmitgefühl die Spitzen negativer Emotionen wie Frustration und Enttäuschung kappt, die entstehen könnten. Dies hilft dabei weiterhin gut für sich selbst zu sorgen und nicht vom Weg abzukommen.
Mythen über Selbstmitgefühl
Selbstmitgefühl wird häufig als egoistisch, faul oder nachsichtig empfunden, doch nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein. Menschen, die pflegend tätig sind – aufgrund ihres Wesens oder durch äußere Umstände - finden es oft schwierig, sich selbst das Mitgefühl zukommen zu lassen, dass sie anderen freimütig geben. Allerdings ist der Kontakt zur restlichen Menschheit eine Kernkomponente von Selbstmitgefühl, somit muss man, um völlig für andere sorgen zu können, auch für sich selbst sorgen.
Sind Sie ein Perfektionist? Sie fürchten vielleicht, dass Sie nichts erreichen werden, wenn Sie nett zu sich selbst sind. Die Wahrheit ist jedoch, dass Veränderungen, die aus Selbstmitgefühl heraus entstehen, nachhaltiger sind als Veränderungen, die aus Unzufriedenheit mich sich selbst gemacht werden. Es ist zudem wahrscheinlich, dass Sie im Alltag Entscheidungen treffen, die langfristiges Wohlbefinden unterstützen, anstatt kurzweiligen Impulsen nachzugeben. Das kann heißen lieber einen Spaziergang zu unternehmen als auf der Couch zu schlafen oder die Gabel niederzulegen, wenn man gesättigt und nicht völlig voll ist.
Die Forschung konnte zeigen, dass Selbstmitgefühl die Motivation zur Veränderung erhöhen kann, wahrscheinlich weil es uns ohne die Bedrohung durch Selbstkritik erlaubt, verbesserungswürdige Bereiche objektiv zu bewerten und schließlich zu verändern. Stellen Sie sich vor, Sie hätten Diabetes Typ 2 und die letzte Blutprobe hat gezeigt, dass Sie Ihren Blutzucker nicht gut handhaben. Selbstmitgefühl wird Ihnen dabei helfen, diese Information zu nutzen, um in Zukunft die Werte besser zu kontrollieren. Selbstkritik kann hingegen lähmend wirken und Sie unfähig zur Veränderung machen – und möglicherweise zu beschämt, um zum Arzt gehen - was wiederum größere Gesundheitsprobleme nach sich zieht.
Selbstmitgefühl entwickeln
Weil wir alle glücklich sein möchten, sollte Selbstmitgefühl eigentlich leicht sein. Unglücklicherweise - zumindest in manchen Fällen - wollen wir ebenso Risiken vermeiden. Im Angesicht wirklicher Gefahren, gehen wir in den Kampf-, Flucht-, oder Erstarr-Modus. Aber wenn die „Gefahr“ in Gestalt unbequemer Gefühle auftritt, die aus unseren unvermeidbaren Fehlern oder Versagen entstehen, kann unsere Reaktion aus Selbstkritik, Selbstisolation und Selbstbefangenheit bestehen, welche sich uns in den Weg stellen, die Dinge zu tun, die uns auf lange Sicht glücklicher und gesünder machen. Selbstmitgefühl kann uns dabei helfen, unbequeme Emotionen als weniger bedrohlich wahrzunehmen.
Wie also bauen wir Selbstmitgefühl auf? Beginnen Sie mit Achtsamkeit. Wenn Sie sich selbst keine Aufmerksamkeit schenken, könnten Ihnen Gedanken, die wieder und wieder in Ihrem Kopf spielen, überhaupt nicht bewusst sein. Üben Sie Ihre Gedanken zu beobachten – sind sie mitfühlend oder kritisch? Seien Sie neugierig und nicht wertend – sich selbst dafür zur kritisieren selbstkritisch zu sein, wird das Ganze noch verschlimmern. Erinnern Sie sich daran, dass Irren menschlich ist und Vergeben göttlich. Zu guter Letzt seien Sie freundlich zu sich selbst auf eine Weise, die Seele, Körper und Geist nährt. Nehmen Sie sich Zeit zu spazieren, Yoga zu machen oder sich eine nahrhafte Mahlzeit zuzubereiten. Bauen Sie Aktivitäten in Ihren Alltag ein, die Ihnen Spaß bereiten, wie ein Buch zu lesen, im Garten zu arbeiten oder Ihre Lieblingsmusik zu hören. Verstärken Sie die Beziehungen mit Menschen, die Ihnen wichtig sind.